48. 🧙 Beweis mir das Patriarchat, Bitch! | mit Rebekka Endler

Patriarchale Mythen von Hexenverfolgung bis Paris Hilton

12.06.2025 54 min

Zusammenfassung & Show Notes

Rebekka Endler über ihr Buch „Bitches, Witches, It-Girls“

📢 Der Podcast über Patriarchat & Popkultur
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Ein Transkript dieser Folge findest du 👉 hier
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👑 Mythos und Medien – Von Pandora bis Paris Hilton
In ihrem neuen Buch 📕 Witches, Bitches & It-Girls deckt Bestseller-Autorin Rebekka Endler auf, wie Mythen, Märchen und Popkultur patriarchale Strukturen zementieren – und warum es so schwer ist, sie zu brechen. Wir sprechen über den Kulturkampf um Normalität, über die Kehrseite des aktuellen Hexen-Revivals, über Iden Unterschied zwischen It-Girls und Influcencer:innen und über öffentliche Frauenduelle.


🎙️ Zu Gast: Rebekka Endler
Rebekka Endler ist Journalistin, Autorin und Podcasterin. Gemeinsam mit Annika Brockschmidt hostet sie den Podcast Feminist Shelf Control , in dem die beiden Romance Novels lesen, damit ihr es nicht müsst. 💝 
2021 erschien "Das Patriarchat der Dinge – Warum die Welt Frauen nicht passt" – ein Bestseller und eine absolute Leseempfehlung von mir.

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Musik: Danke an Heyohmann!
Cover: Danke an Scarlett Nimz

Transkript

Susi
00:00:00
Sind wir nicht in dieser ständigen Situation, dass wir dauernd das Patriarchat beweisen müssen?
Rebekka
00:00:05
Während der Pandemie die AfD groß Werbung damit gemacht hat, Deutschland aber normal. Also Normalität ist wirklich aktuell zu so einer krassen Kampfzone geworden.
Susi
00:00:16
Ihr seid meckernde Prinzessinnen, die Männerknechten und Weicheier aus ihnen machen. Das ist eigentlich brillant.
Rebekka
00:00:23
Da sind wir schon beim patriarchalen Storytelling. Das waren die Geschichten, die wir als weiblich gelesene Personen internalisieren müssen, damit wir in einer patriarchalen Gesellschaft auch die für uns vorgeschriebenen Rollen irgendwie erfüllen können.
Susi
00:00:42
So meine Lieben, bei Verbitter Talentlos gibt es heute wieder eine besonders schöne, verschnupfte und verhustete Folge. Ich werde heute ganz professionell wieder mit Bonbon-Podcasten und das ist sehr, sehr schade, denn heute haben wir Star-Alarm bei Verbitter Talentlos. Rebecca Entler ist da und ich kriege mich nicht mehr ein. Ich bin halt ein super Fangirl von dir. Für alle, die Rebecca nicht kennen, was ich mir kaum vorstellen kann, sie ist Autorin, Journalistin. Sie macht den unglaublich tollen Podcast Feminist Shelf Control zusammen mit Annika Brockschmidt und ich freue mich sehr, sehr, sehr doll, dass du da bist und wir reden über Bitches, Witches und It-Girls. Hallo meine Liebe.
Rebekka
00:01:31
Ja, Susi, vielen, vielen Dank für die Einladung und das wird sie rausschneiden. Aber ich habe ihr eben schon gesagt, dass ich großer Fan ihres Newsletters bin, der sehr viele Menschen erreicht und der ganz toll ist, weil ich grundsätzlich Menschen bewundere, die Newsletter machen und dann auch noch so intersektional-feministisch coole Newsletter. Also ich hoffe, ihr habt das eh wahrscheinlich alle abonniert und ich bin ein Late-Adapter, aber ich kann die Komplimente nur zurückgeben.
Susi
00:01:57
Wie süß von dir. Also erstens findet ihr mein Newsletter auf Steady. Den Link gibt es in den Shownotes. Und wenn ihr schon mal da seid, dann bitte ich euch doch auch, diesen Podcast finanziell zu unterstützen. Ich weiß nicht, ob das immer alle so verstehen, aber das ist ein Indie-Podcast. Das heißt, hier gibt es kein großes Produktionsstudio oder Geldgeber. Ich mache das alles selber und finanziere alles selber. Und damit ich diesen Podcast kostendeckend produzieren kann, würde ich mich sehr freuen über eine bezahlte Mitgliedschaft. Da gibt es verschiedene Mitgliedschaften, angefangen bei drei Euro. Link ist in den Shownotes. Und vielen Dank für alle, die schon da sind und mich supporten. So, Rebecca, jetzt steigen wir mal ein. Meine erste Frage im Podcast ist eigentlich immer zum Lebensmodell, auch wenn das vielleicht ein bisschen intim ist, aber weil ich immer so ein bisschen aufbrechen will, dass wir hier alle so heteronormativ Vater-Mutter-Kind-mäßig leben. Ich weiß es auch, ehrlich gesagt, bei dir gar nicht so richtig.
Rebekka
00:02:46
Ich halte das absichtlich vage.
Susi
00:02:49
Du kannst es auch ganz abstrakt sagen, ich bin Tread-Wive.
Rebekka
00:02:53
Genau. Ich bin leider hoffnungslos hetero und lebe im Moment nicht mit meinem Partner zusammen, weil er schon vorausgezogen ist. Denn ab dem Sommer werde ich auch nach Istanbul ziehen mit unserem gemeinsamen Kind. Wir sind tatsächlich Mutter, Vater, Kind nicht verheiratet in einer heteronautiven Beziehung. Das ist auch gar kein Problem.
Susi
00:03:22
Das ist gar nicht schlimm. Das ist bei uns ganz genau so.
Rebekka
00:03:24
Ich werde nicht geshamt dafür. Nein, aber das ist tatsächlich lustig, das so zu sagen, weil ich würde meine Lebenssituation eher als eine Art WG bezeichnen, da wir uns tatsächlich alles aufteilen an Aufgaben, Care-Arbeit. Und ich jetzt zum Beispiel extrem merke, also diese ganze, was man so männlich kodiert, diese, wie heißt es nochmal, weaponized incompetence, das muss ich sagen, merke ich so ein bisschen, dass ich das anscheinend über Jahre hinweg an den Tag gelegt habe, weil ich ganz erschrocken davon bin, dass ich tatsächlich fast nie einkaufen gegangen bin. Und ich das als unfassbare Last empfinde, jetzt irgendwie Mahlzeiten auf den Tisch stellen zu müssen, weil ich das vorher, anscheinend hätte ich vorher jetzt auch nicht gedacht, aber deutlich weniger gemacht habe als mein Freund. Oh Gott.
Susi
00:04:11
So wie beim Staubsaugerbeutel wechseln, da zum Beispiel wende ich das auch an. Dann habe ich heute auf Wiki gelesen, dass du deinen feministischen Background von einer Buchhandlung hast, wo du als Kind irgendwie hingegangen bist und dann wurden dir immer gute Lektüre von Frauen oder Feministinnen rübergeschoben. Ist that true? Das steht da drin? Ja.
Rebekka
00:04:33
Das ist total spannend, weil das bedeutet, dass irgendwelche Leute alte Tweets von mir gelesen haben, weil ich kann mich nicht erinnern, dass ich das erzählt habe, aber vielleicht habe ich es auch erzählt und vergessen. Ja, also feministischer Background ist vielleicht ein bisschen hochgegriffen, aber auf jeden Fall kritischere Leserin, die ein diverseres Buchhorizont erworben hat, habe ich definitiv über eine lokale Buchhandlung bekommen. Ich habe da halt immer rumgehangen, weil ich sehr viel gelesen habe und weil wir irgendwann so den Deal hatten, weil ich sehr gut mit erwachsen konnte, weil ich so ein bisschen altklug war, bin ich da hingegangen und habe einfach ungefragt beraten und durfte dann immer einen ganzen Haufen Bücher mitnehmen. Und eine Buchhändlerin hat dann immer wirklich auch ausgesucht, was sie mir dann wirklich so ans Herz gelegt hat. Also die hat mir einiges auch zugemutet, was aber im Nachhinein auch toll war, weil jedes Buch, was ja selbst erweitert, irgendwie den Horizont. Und gerade wenn man jetzt nicht unbedingt in einem besonders bildungsnahen Haushalt groß geworden ist, dann bedeutet das natürlich noch viel mehr, wenn eine andere Person erkennt, dass du deinen Hunger hast, auch bereit ist, den irgendwie zu stillen und dich an die Hand zu nehmen. Das ist toll gewesen, ja.
Susi
00:05:43
Ich bin total neidisch darauf. Ich kann mir super gut vorstellen, wie du so als kleine Mini-Intellektuelle in dem Körper eines Mädchens. Super, ich war ja auch so, nur das Problem war, ich habe halt zwar auch gelesen, aber wirklich so Romance.
Rebekka
00:05:55
Ja, aber das ist ja kein Problem, sondern das ist ja eher dann ein Problem der Gesellschaft, dass sie dein intellektuelles Kapital nicht so hoch gewertet hat.
Susi
00:06:03
Und aber plus, ich habe ja dann durch die Mutterschaft erst gemerkt, dass ich halt in dieser Glasglocke-Patriarchat gelebt habe und dann erst angefangen habe. Ich habe ja dann auch irgendwann gesagt, ich lese jetzt keine Männer mehr. Ich mache das auch ein bisschen, um zu provozieren, um Leute da zu verwickeln, weil sie sich das wahnsinnig aufregen. Wie kann man denn keine Männer lesen und wie kann man denn dann so viel verpassen an Literatur? Und ich sage mir, du, ich habe 30 Jahre nur Männer gelesen und jetzt lese ich die nächsten 30 Jahre erstmal nur Frauen. Aber ich habe schon gemerkt so, alter krass, was habe ich mir denn da vorher reingezogen? Das war ja alles gar nicht für mich.
Rebekka
00:06:35
Naja, das war schon für dich Susi, aber das war für dich im Sinne von, da sind wir schon beim patriarchalen Storytelling, das waren die Geschichten, die wir als weiblich gelesene Personen internalisieren müssen, damit wir in einer patriarchalen Gesellschaft auch die für uns vorgeschriebenen Rollen irgendwie erfüllen können. Insofern war das schon für dich, aber natürlich jetzt nicht dein Interessen nach Maß geschneidert, sondern die werden dann von außen übergestülpt, diese ganzen Bilder.
Susi
00:07:04
Genau, und dann, ich hatte in einer Doku, ich glaube, es war brainwashed über Sexismus in Cinema, hatte die eine Regisseurin gesagt, you can't tear down the house of the master with the tools of the master. Du kannst nicht das Haus des Masters mit den Mitteln oder den Werkzeugen des Masters niederreisen. Und ich glaube, das ist ja auch diese Macht an diesen patriarchalen Mythen, Erzählungen, Narrativen, dass wir da drin bleiben in diesem Haus und dass wir unseren Platz oder unseren Raum dann irgendwie finden. Und jetzt sind wir nämlich auch schon beim Thema, ein super Übergang zu deinem aktuellen Buch Bitches, Witches und It-Girls, wo du diese patriarchalen Erzählungen systematisch analysierst. Ich hatte beim Lesen so den Eindruck, bei deinem ersten Buch, Patriarchat der Dinge, da ging es so um haptische Sachen. Da ging es so um Crash-Tests und den Gender-Pingle-Gap und um Tonschuhe, also so objekthafte Konsum-Dinge und du hast es dann alles analysiert, warum der Mann das Maß aller Dinge ist. Und jetzt gehst du den zweiten Schritt konsequenterweise in diese Narrative, die, wenn man dann das Buch gelesen hat, denkt, Dass sie wahrscheinlich sogar noch machtvoller sind als diese haptische Welt. Was ich aber auch gleich mich so gefragt habe beim Lesen ist, sind wir nicht in dieser ständigen Situation, dass wir dauernd das Patriarchat beweisen müssen? Also ich habe so gedacht, okay, erst beweist es Rebecca anhand von Tonschuhen, jetzt beweist sie es anhand von griechischer Mythologie. Was kommt als nächstes und wann können wir denn endlich mal gestalten?
Rebekka
00:08:38
Die Gestaltungsfrage ist insofern interessant, als ich gemerkt habe, nachdem das erste Buch, ja für mich, weil ich war ja zu dem Zeitpunkt ein totaler Nobody, also im Sinne von, ich hatte irgendwie 140 Follower auf Twitter und vielleicht 80 auf Instagram und das Buch ist mitten in der Pandemie erschienen. Es hat sich auch am Anfang so angefühlt, als würde man einfach ein Buch in den Abyss werfen, weil es war Lockdown. Und dann hat das aber ein bisschen den Nerv der Zeit getroffen, da die Leute zu Hause saßen und eh nichts zu tun hatten und dann Zeit hatten, sich auch mit diesen Themen zu beschäftigen, weil natürlich diese Gender-Problematik in der Pandemie sehr viel zugespitzter war als noch ein, zwei Jahre zuvor. Und du hast es richtig genannt. Ich habe im ersten Buch quasi mich mit Design von Ideen oder die Gestalt, die Ideen in unserem Leben einnehmen, beschäftigt. Und daraus aber ist entstanden an wirklich ganz vielen unterschiedlichen Stellen und in unterschiedlichen Ländern eben auch Designprojekte von Studierenden, die das alles mit so ein bisschen auch so einem genderkritischen Ohrauge konsumiert haben und sich gedacht haben, ah, okay, wir sitzen ja wirklich auch am Hebel. Und deswegen hat das auch dazu geführt, dass viele Dinge, also Menschen. Sagen wir so, im Design liegt zwar an vieler Stelle die Lösung, aber es braucht natürlich immer so einen politischen Implementierungswillen, damit sich das auch durchsetzt. Aber es passiert gerade total viel und daher hat mir das auch sehr viel Mut gegeben, weil ich dann plötzlich eingeladen worden war zu irgendwelchen Masterarbeiten für genderinklusive Urinale und keine Ahnung was. Dass Ausstellungen haben stattgefunden, Stadtführungen, die feministische Erzählungen in den Vordergrund gestellt haben und eben auch sich über diese Kleinigkeiten wie Bordsteine und so zurecht dann mit aufgeregt haben. Und das war also was, was sich sehr, sehr positiv angefühlt hat. Aber es ist auch genau, wie du sagst, die Auseinandersetzung. Also ich habe für das zweite Buch einfach mal fast zwei Jahre länger gebraucht, als eigentlich geplant war. Ich dachte, ich schreibe das in anderthalb Jahren, das war auch das, was wir ausgemacht hatten. Und dann habe ich aber durch die Auseinandersetzung mit diesen ganzen Themen und unter dem Einfluss dessen, was jetzt gerade irgendwie in der Weltpolitik, aber auch hierzulande irgendwie passiert. Wir sind ja mittendrin im Backlash. Und dann etwas zu schreiben, von dem ich das Gefühl habe, ich erkläre jetzt auch was, was über das hinausgeht, was wir jetzt gerade erleben, damit es, wenn es erscheint, noch was erzählt. Dafür musste ich erst mal A, sehr viel lesen und auch B, sehr viel selbst verstehen und verdauen. Das hat einfach sehr lange gedauert. Und danach habe ich so gemerkt, okay. Jetzt glaube ich, habe ich es verstanden, weil im Endeffekt ist es auch so, dass die Rezeptur für diese ganzen patriarchalen Mythen, für das patriarchale Storytelling und auch für das White Supremacy Storytelling, Weil die greifen wunderbar ineinander. Also alle diese Überlegenheitsprinzipien, Mechanismen, die folgen ja alle den gleichen Zutaten. Und wenn man das erstmal verstanden hat und soweit dekonstruiert hat, dann ist es auch leicht, sie auch überall zu erkennen. Und dann wirkt es fast schon beleidigend, dass die Menschheit seit Jahrhunderten dem auf den Leinen geht, weil es ist nicht so kompliziert. Auch das Produkt, was uns Maskulinisten verkaufen, das Produkt, was uns Rechte und Rechtsextreme verkaufen wollen, diese Genderideologien, die dahintersteht, das ist eigentlich nur in ein leicht verändertes, moderneres Gewand schon das, was den Menschen schon seit über 200 Jahren verkauft werden sollte und eben was damals auch retroaktiv einer Menschheit übergestülpt wurde, die in einer Uhr- und Frühzeit irgendwie gelebt hat, indem man sie im Nachhinein in irgendwelche gegenderte Rollenmuster reinpresst. Wo es überhaupt wirklich null wissenschaftliche Belege überhaupt dafür gibt, dass diese Gesellschaften so organisiert waren. Und das irgendwie festzustellen, dann fühlt sich diese Erkenntnis dann schon fast beleidigend simpel an. Aber das war so die Aufgabe, die ich mir selbst gestellt hatte und zwischendurch, klar, war ich deprimiert und gerade auch das ganze Kapitel über transfeindliche Gewalt, das hat während des Schreibens, ist das so... Eskaliert, dass ich auch nicht nachkam mit meinen Beispielen und dachte, okay, irgendwann muss ich sagen. Natürlich in dem Moment, wo eine Person das liest, haben sich noch viel, viel mehr Dinge zugetragen und hat sich die Situation noch zugespitzt und ich kann jetzt hier nur ein Bild entwerfen, wohin es diesen Leuten nachgehen soll und wahrscheinlich in dem Moment, wo ihr das liest, sind wir schon dort, weil es einfach so schnell, diese gesellschaftlichen Veränderungen, die man auch nicht anders bezeichnen kann als faschistisch, Die finden ja jetzt gerade in Real-Time statt. Also das ist einerseits total frustrierend, aber andererseits muss ich auch dazu sagen, also ich kann allen Menschen nur sehr empfehlen, tiefe und innige Freundschaften zu pflegen, weil bei mir ist es wirklich so, dass der Podcast mit Annika, der Austausch mit ihr und meinen anderen FreundInnen einfach, Ach, das ist, was so Psychohygiene ist und auch die Community, die wir darüber irgendwie aufgebaut haben. Und mir tut es immer leid, weil ich nicht allen Leuten irgendwie antworten kann. Aber ich finde es, also es ist für mich enorm wichtig und so schön zu wissen, dass wir halt alle irgendwie gemeinsam in diesem Boot sitzen und alle je nach ihren Fähigkeiten und Talenten irgendwie rudern in eine gemeinsame Richtung.
Susi
00:14:28
Also ich muss auch sagen, das Faszinierende an deinem Buch ist eigentlich die Verbindung, wie du ganz, ganz, ganz gegenwärtige Phänomene von diesen Männlichkeitsmythen und rechten Ideologien mit Pandora, Eva, Hexendornröschen und Britney Spears zusammenbringst. Und dann ist es auch so leicht lesbar. Das war ja auch schon bei Patriarchat der Dinge so schön. Ich habe auch oft gelacht. Also es ist einfach auch manchmal so absurd. Also Geschichten, wenn man sie nacherzählt. Meine Lieblingsgeschichte übrigens Don Röschen. Du hast dieses Ursprungsmärchen von so einem italienischen Autoren nachrecherchiert. Wenn man das liest, denkt man so, was ist hier los, was ist das? Und wenn man sich dann mal ganz kurz so ein bisschen distanziert, ist es auch unterhaltsam. Was ich an deinen Ansätzen immer sehr, sehr doll mag, auch bei dem Podcast mit Annika, ist es einfach so locker leicht, obwohl das alles tief auch von euch recherchiert ist. Das kommt dann immer so en passant. Das finde ich auch immer schön, dass Feminismus eben auch bei all der Schwere und bei all dem Weltschmerz dann trotzdem auch was Unterhaltsames, Leichtes und vor allen Dingen Zugängliches haben kann. Vielleicht, weil du gerade von den Zutaten gesprochen hast. Ich will natürlich hier nicht alles revealen, denn ihr sollt euch dieses Buch besorgen. Aber eine Sache fand ich schon auffällig. Du gehst rein mit so einem Normativitätsbegriff oder du sprichst erst mal über Normen und Natürlichkeit. Das hat mich eigentlich erst mal ein bisschen rausgekickt, weil ich dachte so, hä? Ich dachte, es ist ein Hexenbuch und dann verwendest du aber erst mal viel Aufwand, um überhaupt erst mal über Normalität zu sprechen. Was versteckt sich dahinter, vor allen Dingen in Bezug auf diese Mythenbildung?
Rebekka
00:16:09
Ich glaube, das war für mich eines der größten Aha-Erlebnisse, die ich nach dem ersten Buch hatte, da ich sehr viel über männlich zentriertes Design geschrieben habe. Mir aber die Macht dessen, was es überhaupt bedeutet, in einer Gesellschaft als normal zu gelten, nicht wirklich so explizit klar war. Was, ich glaube, auch das ganze Mysterium der Normalität und der Gewalt, die von in einer großen Anführungszeichen Normalität ausgeht, auch eigentlich quasi schon erklärt. Denn wer in einer Gesellschaft als normal gilt... Die Macht ist dann so komplett implizit und gezwungen werden, darüber nachzudenken, sind nur die Leute, die nicht in Anführungszeichen normal sind. Und dann zurückzugehen und sich anzuschauen, woher kommt eigentlich diese Idee und dann festzustellen, dass dieser Begriff wirklich in seinen Anfängen geprägt war von einem Wunsch von weißen cis-männlichen Personen, ihre eigene Macht als quasi Spitze der Pyramide zu sichern. Zu einer Zeit, als gerade andere Personen beispielsweise für die Befreiung der Sklaven auf die Straße gegangen sind, für das Frauenwahlrecht und so. Und dass diese Dinge zusammen dazu geführt haben, dass pseudowissenschaftliche Branchen, sag ich jetzt mal, also eigentlich sind das Scammer, würde man jetzt so sagen. Erschaffen wurden, um eben diese Macht aufrecht zu erhalten und mit der auch erst der Begriff der Normalität und wer normal ist, Einzug erhalten hat. Also das fängt beim Stigmatisieren an von Personen, die nicht in Anführungszeichen auch wieder gedacht gesund sind. Also so Mental Health Issues. Das hat ganz viel damit zu tun, wenn man sich anschaut, wer gesellschaftlich durch die Jahrhunderte hinweg stigmatisiert wurde. Sind das weiblich gelesene Körper? Sind das Personen, die trans, inter oder nicht binär sind? Sind das People of Color? Sind das schwarze Menschen? Sind das indigene Menschen? Also alles Gruppen. Und dann werden künstlich quasi In- und Out-Groups geschaffen und dadurch erhält diese Normalität so eine Wertung. Und gleichzeitig zieht sich das durch die Jahrhunderte hinweg bis in unsere Gegenwart, wo während der Pandemie die AfD groß Werbung damit gemacht hat, Deutschland aber normal war. Normalität ist wirklich aktuell zu so einer krassen Kampfzone geworden, was man unter anderem auch jetzt dadurch sieht, dass eine winzig kleine Minorität an Personen und zwar inter-, nicht-binäre und trans-Personen als das neue Feindbild einer Normalität erklärt wurden, eben von Rechten und Rechtsextremen. Und da sehr viel Energie reingelegt wird, diese Menschen zu dämonisieren und als Bedrohung für die in Anführungszeichen Normalen oder die Normalos zu sehen und das zu hinterfragen und festzustellen, dass es da um eine Deutungshoheit auch geht, die komplett beispielsweise an einer nicht wissenschaftlichen, sondern an einer rein ideologischen Geschlechterbinarität hängt. Also sie geben an, sie wissen genau, wer weiblich ist, wer männlich ist, außerhalb dessen existiert nicht und diese beiden Gruppen sind klar voneinander getrennt und folgen einer trennschärfen Logik. Deren Leitplanken einfach völlig reaktionäre, frei erfundene Rollenbilder aus dem frühen 18. Jahrhundert sind. Und diese Dinge sich irgendwie klar zu machen, das war für mich wirklich der Einstieg oder auch die Brille, durch die ich den ganzen Rest dann auch verstehen und schreiben wollte, weil ich dachte, das ist etwas, was aktuell passiert und gleichzeitig liegt eben die Macht der Normalität darin, dass sie sich für uns so normal anfühlt. Das auch ein Verschieben von Normalität. Also die Gesellschaft verschiebt sich gerade nach rechts und damit der Begriff der Normalität verschiebt sich gerade nach rechts. Und das Zu analysieren und nochmal wirklich so festzuhalten als Ausgangspunkt war für mich super wichtig, weil ich das beim ersten Buch als Machtinstrument gar nicht auf dem Schirm hatte.
Susi
00:20:34
Wobei, da war es ja auch schon die ganze Zeit drunter. Also bei einem Trashtest hast du halt ein gewisses Körpermaß, wo der Gurt sitzt. Und wenn du einen anderen Körper hast, dann würde ich jetzt sagen als Friedrich Merzner, wo kommen wir denn da hin, wenn in einem Auto 25 verschiedene Körperformen angeschnallt werden müssen? Ja, wo kommen wir denn da hin? Da kommen wir nämlich dahin, dass alle denselben Zugang und Teilhabe haben an deiner tollen Petromännlichkeit. Und ich fand das auch so krass beim Lesen, weil dieser Spruch Deutschland aber normal, den die AfD da irgendwie damit geworben hat, ich weiß ja, was die meinen. Ich habe schon diesen Begriff verstanden, was mit der normale Deutsche gemeint ist. Und wenn man dann durch das Kapitel durchgeht und merkt, was eigentlich alles an Abweichungen existiert. Also sagen wir mal, das geht über einen Body Mass Index, es geht über einen IQ, es geht über, und das fand ich wieder zum Schreien, die perfekte Vulva muss glatt sein, darf keine inneren Schamlippen haben. Wo ich so dachte, scheiße.
Rebekka
00:21:33
Ja, Normalität ist halt ein Unterdrückungswerkzeug. Das heißt, kein einziger Mensch ist in Anführungszeichen normal. Und das soll ja auch so sein. Vor allem verändert sich ja auch das Frauenbild und auch das Männerbild konstant, um eben auch so ein unerreichbares Ideal zu sein, damit wir eben in diesem konstanten Hassel sind, bloß nicht als gesellschaftlich Aussätzige verstanden zu werden. Das erfüllt eine Funktion im Patriarchat.
Susi
00:21:58
Darauf wollte ich hinaus. Je mehr Kategorien wir dazu tun, irgendwann würde jeder an den Punkt kommen, da rauszufallen. Das heißt, der Normalitätsbegriff ist eigentlich gar nicht erreichbar. Und ich frage mich aber, warum das so gut ankommt. Also es gibt ja auch so viele Menschen, die das mittragen. Warum ist es denn so einfach für die AfD, vor allen Dingen im Hinblick auf Gender, das so zu instrumentalisieren?
Rebekka
00:22:24
Also erstmal muss man sagen, es fing mit der AfD an, aber da endete es ja nicht. Mittlerweile sind das auch alles Positionen, die von der Union und auch von anderen mitgetragen werden. Also das ist auch mal ganz wichtig nochmal hervorzuheben. Und ich glaube, dieses Versprechen funktioniert deswegen, weil es einerseits selten zu Ende gedacht wird. Also das sieht man ja auch beispielsweise in den USA gerade sehr gut, weil das wahrscheinlich auch etwas ist, was, wenn wir nicht wirklich aufpassen. Sich im nächsten Jahrzehnt hier auch so zutragen könnte. Und zwar, dass es immer Interesse gibt von Menschen, die, sagen wir mal, am Rand der Normalität sind. Also es gibt unter Schwulen und Lesben auch einige Personen, die eine Art Karriere als Feigenblatt machen, selbst zu sagen, ah, mit der Diversity, mit LGBTQ plus und so weiter sind wir zu weit gegangen. Und die sich selbst so wieder rückversichern, dass sie im Grunde genommen zu den Normalen gehören und nicht merken, dass sie von Teilen und zwar großen Teilen der Rechten schon längst nicht mehr unter dem fallen, was irgendwie noch zulässig ist in ihrem Normalitätsbegriff, sondern auch, dass Sexualitäten außerhalb einer heteronormativen Beziehung natürlich schon längst die Zielsteibe dessen sind. Aber es ist natürlich sehr viel schwerer und unbequemer, sich klarzumachen, dass wir alle potenziell davon betroffen sein könnten. Als aussätzige Gebranntmarkt zu werden und dass das automatisch auch bedeutet, dass wir ins Handeln kommen müssen. Und deswegen ist es, glaube ich, so ein Wohlfühlversprechen. Das sich in Deutschland auch gerade so in den Nachkriegsjahren so breit gemacht hat. Wir verknüpfen ja auch wirklich so sehr das deutsche Nachkriegswunder eben mit dieser Geschlechteraufteilung, dass die Hausfrau zu Hause das Kind versorgt, den Haushalt macht und der Mann arbeiten geht. Das ist ja dieses Deutschland-aber-normal, was dann von der AfD, von der Union und dann so wieder als Sehnsuchtsort projiziert wird, Lässt aber natürlich außer Acht, dass diese Geschlechteraufteilung für viele Menschen und zwar unabhängig des Geschlechts auch sich wie ein krasses Gefängnis angefühlt hat und dazu Folge hatte beispielsweise. In Deutschland gab es das Frauengold, also quasi, dass Frauen sich und ihren Kopf sediert haben, um eben so funktionieren zu können, wie man es von der guten deutschen Hausfrau erwartet hat. Dass Männer sich in die absolute Erschöpfung gearbeitet haben, dass sie undiagnostiziert Depressionen und psychische Erkrankungen hatten, weil es natürlich auch enormer Druck ist, als Alleinversorger von einer Frau mehreren Kinder in ein Haus abbezahlen, weil es enorm viel Verantwortung auf einen Schultern ist und überhaupt gar keinen Zugang mehr zu ihrer eigenen Gefühlswelt hatten. Und was dann zur Folge hatte, dass diese Silent Generation heißt ja nicht umsonst so, sondern die haben komplett den Zugang zu ihrem Innenleben verloren, was uns aber dann wiederum als besonders viril verkauft wurde. Und wenn man erst mal anfängt, dieses Normalitätskonstrukt in Frage zu stellen, führt es automatisch dazu, dass so viele Dinge in Frage gestellt werden und dass es erst mal unbequem ist. Und ich glaube, das ist das große Problem oder auch das Erfolgsrezept dessen. Das ist halt wahnsinnig unbequem, sich diese Fragen zu stellen.
Susi
00:25:57
Weil du Frauengold gesagt hast, was ich eigentlich am geilsten finde. Also Frauengold wurde als Kräutermedizin verkauft für gestresste Hausfrauen, war aber irgendwie zum größten Teil Alkohol drin. Also es war eigentlich ein Schnaps. Und weißt du, was ich aber am tollsten finde daran, ist, dass der Schnaps quasi hintenrum kam. Also man hätte ja auch einfach einen Schnaps für Frauen entwickeln können und sagen können, bist du gestresst? Dann trink doch mal einen Schnaps. So wie die Schnapswerbung für Männer, weißt du? Komm noch mal runter, trink einen Schnaps. Aber das schickt sich nicht, das ziemt sich nicht für Frauen. Also wenn Frauen Alkohol trinken, dann bitte als Hustensaft. Weißt du, was ich meine? Weil ich denke mir, ja klar, Alkohol kann schon manchmal, einfach so ein bisschen wie Demi Moore sagte, It takes the edge off. Kann schon manchmal alles ein bisschen smoothen, aber du sollst natürlich nicht als Frau jetzt hier schön einen kippen. Das ist nicht weiblich. Und das ist, finde ich, eigentlich das Lustige daran.
Rebekka
00:26:48
Und auch Alkoholismus unter Frauen war einfach sehr, sehr lange Tabu. Also beispielsweise in Frankreich, Marguerite Durat hat als erstes darüber geschrieben, selbst Alkoholikerinnen, auch ihre Charaktere waren teilweise alkoholkrank. Und was das für ein krasser Tabubruch im Frankreich der 50er, 60er Jahre war, vorher wurde die Existenz von Alkoholkrankheit unter Frauen geleugnet, weil, wie du sagtest, das schickte sich für die Frau nicht und deswegen hat es nicht stattgefunden. Genauso wie ein Jahrhundert vorher einfach geleugnet wurde, dass es auch lesbische Frauen gibt, weil sich Männer das nicht vorstellen konnten, weil das nicht ins Rollenbild gepasst hat. Sondern es war so völlig klar, dass Frauen natürlich Männer zu begehren haben und weibliches Begehren lief eine Zeit lang auch glücklicherweise teilweise so unterm Radar, weil Mann mit Capital M nicht auf die Idee gekommen ist, dass Frauen überhaupt sexuelles Begehren außerhalb von einem Mann als, ja, auch süß irgendwie. Ja.
Susi
00:27:56
Jetzt würde ich ganz kurz mit dir noch dieses Hexenthema machen, weil als ich bei Insta gesehen habe, Bitches, Witches, It, Girls, habe ich gedacht, oh mein Gott, sie schreibt ein Hexenbuch, wie cool. Ich bin ja Hexen-ultramäßig drauf. Ich weiß auch nicht, ich habe totale Hexen-Obsession. Marschlander habe ich gelesen, jetzt Hexe von Johnny Fagan. Jetzt kommt hier also so ein Hexen-Revival irgendwie. Wir haben Wicked, wir haben Abracadabra, wir haben Agatha all along und jetzt wird das auch noch so feministisch aufgearbeitet. What's this all about?
Rebekka
00:28:24
Und dann warst du super enttäuscht. Und dann war ich geschockt.
Susi
00:28:29
Wann kommen denn jetzt die Hexen? Vor allen Dingen, ich habe den Titel gesehen und dann habe ich gedacht, wie brillant ist das? Von der Witch zur Bitch und Hexen und Britney Spears und so weiter. Und tatsächlich, du hast ja diese Brücke, das ist ja das Schöne. Was glaubst du denn, warum ist das jetzt eigentlich so ein Revival und so ein feministischer Aneignungstrend geworden mit den Hexen?
Rebekka
00:28:50
Naja, das ist ja nicht das erste Mal, dass die Hexe wie so ein Gefäß funktioniert hat, um im feministischen Kampf dann mit der jeweils zeitgenössischen feministischen Ideologie befüllt und benutzt zu werden. Also diese Aneignungsprozesse haben auch schon in der zweiten feministischen Welle stattgefunden durch die sehr politische Witches-Bewegung. Und jetzt erleben wir eben ein Revival dessen, was auch wiederum so sehr maßgeschneidert ist für eine Zeit der sozialen Medien. Also was mich irgendwie interessiert hat, ist, wie diese mystische Figur der Hexe entstanden ist und jeweils für politische Zwecke benutzt wurde, teilweise ein Stückchen auch missbraucht wurde. Und was uns das eigentlich über unser Bedürfnis auch, uns irgendwie über Generationen und Jahrhunderte hinweg mit der Geschichte verbunden zu fühlen, was wiederum so ein frommer feministischer Wunsch ist, dadurch, dass Geschichtsschreibung sehr, sehr männlich ist, wir aber dann diesen Haufen Geschichte habt, der durch eine Verfolgung von Menschen begründet ist, die bei weitem nicht ausschließlich, aber dann doch zu großen Teilen weiblich gelesene Personen waren. Haben wir einfach ein Stück Geschichte, das uns auch in der Anfangszeit sehr männlich erzählt wurde, das dann wiederum durch die zeitgenössischen feministischen Wellen immer wieder aufbereitet, neu erzählt wurde. Es kamen neue Dinge zutage und das so ein bisschen nachzuerzählen und festzustellen, dass der Wunsch nach einer Verbundenheit, nach einer kollektiven Geschichte eben auch hin und wieder dazu geführt hat, dass man auf Abwege geraten ist und dass im popkulturellen Kanon auch Dinge erzählt wurden. Die jetzt, sage ich mal, jeder wissenschaftlichen Grundlage entwerten, aber eben eine gute Geschichte sind. Weil das war ja auch ein bisschen die Suche, auf die ich mich begeben habe, festzustellen, was sind eigentlich die Elemente einer guten Geschichte und welche Funktionen müssen sie auch für die jeweilige Zeit erfüllen, um das mal so ein bisschen zu untersuchen. Und dafür hat sich der Begriff der Hexe und den Geschichten dahinter einfach sehr gut geeignet, weil im Moment haben wir ein Wiederaufleben der Hexen zum einen als politische Aktion. Also die Hexe als Gegenpol zur White Supremacy haben wir bei der ersten Wahl von Donald Trump gesehen und auch in Frankreich und in Italien. Ich habe tatsächlich nichts in Deutschland gefunden, aber war die Hexe gerade nach Hashtag MeToo auch wieder präsentes Motiv, auch bei Frauenmärschen und feministischen Märschen und so als eine ikonische Figur, um eine politisch-feministische Message zu verkörpern. Die Zeit ist aber jetzt schon wieder vorbei erst mal und was wir jetzt sehen ist eben so die esoterische Hexe, die einerseits auch da extrem viel Unterhaltungswert hat. Also ich gucke mir diese ganzen TikToks und Witchtalk und so weiter super gerne an. Gleichzeitig beschleicht einen dann sehr schnell das Gefühl so, oh Moment mal, diese Zutaten in ihrem Hexenbrautrank, die kommen ja dann doch wiederum sehr bekannt vor. Ja, also es ist wieder angelehnt an ein Gender-Bild und eine Gender-Performance, die zwar gewaschen durch einen fehlerhaften popkulturellen Kontext sowas hat, als könnte es potenziell progressiv sein, aber im Kern, immer wenn dann von weiblichen Energien und der Kraft der Joni und so weiter erzählt wird, hat es dann doch wieder was sehr gender-essentialistisches und damit auch wieder so Anschlussfähigkeit an rechte Milieus und an rechtes Gedankengut. Das war es mir wichtig, auch darauf aufmerksam zu machen, weil ich habe jetzt komplett diesen ganzen hyperkapitalistischen Aspekt mal ausgeklammert. Man kann natürlich auch jeden Scheiß über Hexen verkaufen, weil es ist catchy. Also von völlig harmlos, diesen ganzen T-Shirts, die auch alle irgendwie cool sind. So, we are the granddaughters of the witches, you didn't burn und ja, ist okay. Aber wenn es dann so in die Richtung geht von so Yoni-Cleanses und Heilkristalle, um deine Urweiblichkeit zu entfalten und dich deinem Mann zu unterwerfen und das ist nicht was, was ich erfinde, sondern das ist wirklich das, was unter so Witch-Content dann teilweise verbreitet wird, dann denke ich mir so, uh, Moment, also da steckt mehr dahinter. Und das müssen wir auch feministisch kritisch betrachten.
Susi
00:33:27
Ja, das fand ich auch total stark. Einmal diesen Begriff der Kontinuität auch im feministischen Kampf, dass die Hexe wie so ein Bindestoff, wie so ein Klebstoff wirken kann immer wieder. Du hast ja auch geschrieben, dass wir immer von Wellen sprechen, wo man sich vorstellt, da gibt es eine Amplitude, dann nimmt es wieder ab, dann kommt der Backlash. Aber eigentlich ist es ja auch schon wieder eine ideologische Denkfigur. Wir können auch einfach von der Kontinuität ausgehen. Ich habe zwar auch das Gefühl, dass jede Generation wieder von vorne anfängt, sich die Texte zu erschließen und die Aha-Momente zu haben, aber das fand ich irgendwie einen schönen Gedanken, dass wir sagen, wir haben auch durchaus eine Kontinuität an weiblichem Wissen und diese Gefahr, dieses Gender-Essenzialismus fand ich dann auch wieder sehr gut beobachtet. Wir wollen die Weiblichkeit feiern, wir sind Göttinnen, wir sind Magierinnen und wir vergessen, dass wir schon wieder in der Binarität, schon wieder gelandet sind. Eigentlich geht es immer wieder nur darum, diese Mythenbildung nachzuahmen und einfach nur für uns einen Normalitätsbegriff zu finden, der zu uns passt. Und das fand ich sehr, sehr, sehr stark von dir rausgearbeitet. Ich hatte auch noch so einen Gedanken, weil ich so dachte, das ist natürlich super gut, diese Begriffe Hexen, Schlampen und It-Girls zusammenzubringen, weil ich irgendwie dachte, okay, die Hexe als eine Art, also sie hat eine Art Magie, die quasi Männer hilflos macht. Das heißt, da geht es auch um Macht.
Rebekka
00:34:47
Die man ihr unterstellt.
Susi
00:34:48
Genau, die man ihr unterstellt. Ich gehe jetzt von dem magischen Begriff Hexe aus. Es geht natürlich um Körper, Besitz und Wissen. Aber bei der fiktionalen Figur der Hexe ist es eigentlich die Magie, die gefährlich ist, die dann gut oder böse sein kann. Aber auf jeden Fall ist sie mächtig. Das heißt, das ist für die Männer oder fürs Patriarchat ein Problem. Bei der Schlampe oder bei der, wie sagen wir es politisch korrekt, Sexworkerin ist es eigentlich so, dass sie entweder so eine Kraft der Verführung hat, auch schon fast in eine magische Richtung. Männer werden hilflos. Du hast da ein wunderschönes Kapitel über die femme fatale, die viel fatale, die Macht der Frau über die Verführung sozusagen. Plus die Prostituierte nimmt ja für etwas Geld, was die Ehefrau umsonst macht. Das ist ja total unlogisch. Aber was ist das Problem am It Girl?
Rebekka
00:35:34
Na, die drei Begriffe der Witch, Bitch und It-Girl habe ich deswegen quasi zusammengetan, weil es für mich drei stark gegendert und komplett konnotierte Begriffe sind, die aber in den letzten Jahren eine Form von Revival erlebt haben oder eine Aneignung, also fast schon. Also wir haben die It-Girls-Phänomen, das irgendwie in den 90er, späten 90er, Anfang der 2000er Jahre auch als solches dann benannt wurde. Frauen, denen man unterstellt hat, dass sie nur deswegen interessant oder prominent sind, weil sie es sind. Also völlig ad absurdum, wo wir heute, wenn wir beispielsweise Karrieren von Paris Hilton, Nicole Richie, Lindsay Lohan, Britney Spears würde ich da ausklemmern, weil natürlich ist Britney Spears ein It-Girl, aber Britney Spears hatte ja damals schon eine Musikkarriere. Gut, Lindsay Lohan auch Schauspielerin, aber das wurde so ein bisschen immer so unter den Teppich gekehrt, weil das war ja nur Disney oder so. Es war nicht Hollywood, sagen wir mal. Und deswegen in den Augen des Feuilletons nicht existent. Und auch für die Klatschspaten und Kolumnen dominierte eigentlich auch die Erzählung über Lindsay Lohan, eben dass sie ein Partygirl war. Und dann hat man dann sonst diese beiden, wie wir heute sagen würden, Nepo-Babys, also Paris Hilton und Nicole Richie. Und was ich irgendwie an denen so interessant finde, ist, dass wir einerseits jetzt an einem Punkt sind, wo wir uns das anschauen und erstmal auch so ein Gefühl dafür haben, dass das, was sie gemacht haben, das war ja auch so eine Art wie frühes Influencing und diese Inszenierung und ich meine das völlig wertfrei, weil das für mich auch ein eher positiv konnotierter Begriff ist, der Selbstinszenierung. Dass das auch einen Eigenwert hat und dass das natürlich auch harte Arbeit ist. Also das sind die Lektionen, die wir zumindest im feministischen Kontext in den letzten Jahren gewonnen haben. Und dann aber festzustellen, dass das, okay, für die jetzt gilt, aber für die jungen Frauen und für die ganzen nicht cis-männlich gelesenen Personen in der Öffentlichkeit jetzt eigentlich quasi der gleichen Arbeit nachgehen, wir nicht bereit sind, diese Lektionen auch auf die zu übertragen und das auch als Arbeit anzuerkennen, sondern unsere eigene Faszination mit diesen Leuten immer noch so ein Stück weit gruselt und wir uns denken so, das ist halt so Cringe und so ein bisschen so Hate-Watching, was ich halt irgendwie so eine interessante Dissonanz finde. Also ich nehme mich da nicht raus. Ich bin da genauso. Wir machen uns auch ein bisschen was vor.
Susi
00:38:10
Also man rehabilitiert dann Britney, aber gleichzeitig suchen wir uns dann wieder neue Feindbild-Konstruktionen aus an, was weiß ich, was waren denn das für Trends? This Girl oder so Geschichten. Und dann wird wieder gesagt, die können nix und die sind scheiße. Und auch gerne Frauen gegen Frauen. Aber vielleicht doch nochmal kurz nachgehakt. Was macht ein It-Girl eigentlich aus? Klar, sie sind berühmt und man würde sagen, irgendwie spricht man ihnen die Kompetenz ab. Aber ich glaube, es kommt noch was dazu. Die haben halt irgendwie Kohle, ne?
Rebekka
00:38:38
Genau, also ich würde beispielsweise auch die Kardashians auch so mit dazu zählen. Und das, was irgendwie suspekt ist, ist, genau, die haben Kohle. Und die haben das auf eine für uns in so einem patriarchalen Meritokratie aus nicht nachvollziehbaren Quellen, weil die für etwas bezahlt werden, sei es öffentliche Auftritte. Sei es einfach Schönheit zu performen und unterhaltsam zu sein, was in so einem Kontext von Leistungsgesellschaft nichts ist, wofür wir bezahlt werden dürfen. Das heißt, die setzen sich quasi darüber hinweg und das wird dann bestraft gesellschaftlich dadurch, dass wir sie als Kollektiv ja lächerlich finden und ein bisschen scheiße finden. Und das aber natürlich immer noch unter dem großen Überbau von so Kapitalismus und Hyperkapitalismus. Also ich will das jetzt auch nicht sagen, dass ich Fan der Lebensläufe der Kardashians bin und die für irgendwie vorbildlich halte. Das nicht. Aber ich finde es interessant, dass was wir an ihnen kritisiert haben, was wir an Paris Hilton kritisiert haben, wirklich einfach eine ungenommen dicke Schicht Misogynie hat. Einfach nur, weil sie für etwas gut bezahlt werden, was wir als, eigentlich müsste das kostenlos sein, verfügbar jederzeit für unseren Unterhaltungszweck, aber nichts, wofür wir bereit sind zu bezahlen. Und das nehmen wir ihnen dann persönlich übel, anstatt zu denken, ja okay, aber was stimmt denn mit uns nicht?
Susi
00:40:09
Ich bin da komplett deiner Meinung, dass ich auch einerseits diese Widerstände merke und auch wirklich Hass entwickeln kann, gegen It-Girls oder Influencerinnen oder so. Und auf der anderen Seite, das Spannende genau an der Stelle passiert, dass wir kein männliches Konzept davon haben. Also wir würden ja jetzt nicht sagen, wer fällt mir denn da ein? Prinz Harry ist ein It-Boy.
Rebekka
00:40:31
Nee, aber ich meine, Prinz Harry ist natürlich der Inbegriff eines Nepo-Babys. Ja. Also schon quasi per Definition. Und er ist dadurch, dass er jetzt auch seine royalen Pflichten entsagt.
Susi
00:40:43
Ist seine ganze Existenz die eines It-Boys.
Rebekka
00:40:47
Auf jeden Fall. Ja. Hundertprozentig, klar.
Susi
00:40:49
Und ich habe eben gedacht, also ich fand diesen Dreiklang so schön, aus Hexe quasi weibliches Wissen, Bitch weibliche Körper und It-Girl ist eigentlich weiblicher Besitz. Und dieser Anspruch, was du auch gerade nochmal gesagt hast, all das muss umsonst sein. Das Wissen, die Körper und der Glam, das muss alles umsonst sein. Und darauf lohnt es sich jetzt mal zu achten zukünftig und jetzt sind wir schon völlig über der Zeit, aber wir sind gerade beim Thema Frauenduell noch. Und ich fand, das war wirklich eine meiner Lieblingsstellen. Du zitierst einen Auftritt von dir, wo du in einer Gesprächsrunde warst, wo dann dein Counterpart, sag ich jetzt mal, zu dir gesagt hat, ihr seid meckernde Prinzessinnen, die Männerknechten und Weicheier aus ihnen machen. Und was ich aber auch so schön fand, ist, dass diese Person im Prinzip alles zusammengezogen hat, wie man Frauen schlecht macht. Also die bist eigentlich die Meckernde, also das ist schon mal schlecht, die Prinzessin, also It-Girl, die Männerknechtet, hallo Männerhass, und sie entmännlicht. Also sie hat das echt geschafft, komplett alles, was du in diesem Buch unter Bitches, Witches, It-Girls zusammenfasst, in diesen Satz zu packen. Das ist eigentlich brillant.
Rebekka
00:41:58
Boah Susi, das fällt mir jetzt gerade erst durch dich auf. Vielen Dank. Du hast vollkommen recht, das trifft den Nagel auf den Kopf.
Susi
00:42:05
Aber was ich ja eben auch noch interessant fand, jetzt ist es natürlich so, dass wir einerseits versuchen, unsere internalisierte Mysogynie abzulegen. Das heißt, immer zu gucken, bevor wir uns über Kim Kardashian aufregen, eigentlich zu überlegen, was für Konzept ist das eigentlich ideologisch, was uns da jetzt triggert. Und auf der anderen Seite gibt es natürlich aber auch Positionen, wo ich jetzt überlege, welchen Namen ich jetzt... In viele Talkshows, Philosophiesendungen und Pipapo sehr präsent ist und für mich eigentlich auch eine rechte Gesinnung präsentiert.
Rebekka
00:42:42
Sie bezeichnet sich selbst auch als Feministin.
Susi
00:42:45
Ja, Gruselpotenzfeminismus ist ja irgendwie so ihr Begriff. Wenn ich mir jetzt vorstelle, ich sitze mit ihr jetzt bei Lanz. Was ist jetzt meine Strategie zum Thema Frauenduell? Weil einerseits ist die Gefahr, wir lassen uns als feministische Zirkusponys instrumentalisieren. Ja, die meckernden Prinzessinnen ist natürlich sehr aufmerksamkeitsökonomisch super. Aber bringt es überhaupt in so kontroversen Positionen zu diskutieren? Du als öffentliche Person, hast du für dich da so eine Strategie zum Thema Frauenduell?
Rebekka
00:43:12
Jetzt hast du natürlich direkt den Finger in die ganz große Wunde gelegt, da es natürlich für den Verlag das absolut Tollste wäre für den Verkauf des Buches, wenn ich zu Lanz eingeladen werden würde. Denn auch das ist irgendwie ein trauriger Teil der Realität. Lanz macht Bestseller.
Susi
00:43:30
Lanz ist eine Bitch.
Rebekka
00:43:32
Ja, also... Für mich persönlich, ich hätte weder Lust noch Interesse dahin zu gehen. Trotzdem kann es jetzt gut sein, dass ich meine eigenen Worte fressen muss, wenn ich eingeladen werde und das Buch sich nicht verkauft und ich dann denke so, komm, du musst es jetzt machen. Aber meine Beschäftigung mit Frauenduellen in der Öffentlichkeit und ich habe wirklich viele, auch Dinge, die gar nicht im Buch vorgekommen sind, mir angeschaut und bin Stück für Stück auch durch die Argumentation und so weiter durchgegangen. Und das Problem ist die Öffentlichkeit. Und Öffentlichkeit meine ich nicht nur irgendwie auf Podien, was ich am Anfang des Kapitels zitiere, sondern auch für eine Fernsehöffentlichkeit und so weiter. Das sind Showkämpfe. Da geht es darum, möglichst die besten Witze, die besten Punts und möglicherweise aber nicht zwingend, vielleicht noch ein paar Argumente unters Volk zu bringen. Aber das muss man sich wirklich wie einen Boxkampf vorstellen, in dem gegeneinander ausgeholt wird. Und das ist immer im Widerspruch zu einer feministischen Solidarität und zu der Möglichkeit auch eines feministischen Schulterschlusses, weil das einfach im Format liegt. In allen großen Frauenduellen, die ich gesehen habe, das war ein Gegeneinander. Ein einziges Gemetzel und im besten Fall bleibt beim Publikum die ein oder andere feministische Erkenntnis haften, aber das ist nicht das, worum es im Kern geht. Deswegen sollte ich jemals eingeladen werden, mit entweder Svenja Flassböhler oder auch Alice Schwarzer oder wie sie nicht alle heißen, zu diskutieren.
Susi
00:45:06
Oder irgendeine Treadwise.
Rebekka
00:45:07
Ja genau, also es wäre für mich sehr leicht, argumentativ es da aufzunehmen, aber gleichzeitig ist das ein Showkampf und am Ende verlieren immer die Frauen. Das ist einfach so. Oder aber sie gehen als individuelle Gewinnerinnen da raus, weil sie für sich profitiert haben, weil ich dann eventuell, wenn ich einen guten Tag erwische, besonders lustig wäre oder die andere Frau irgendwie fertig gemacht habe, was mir dann persönlich ein gutes Gefühl verschafft. Aber der Sache dienlich sind diese Auseinandersetzungen nicht, weil die Inszenierung folgt halt auch immer so einer Logik des Male Gays. Und dann verkörpert immer eine so ein Stereotyp und ein Stereotyp oder Archetyp Archetyp wird dann in den Ring gegen einen anderen Archetyp gesteckt und dann will man dann so Celebrity-Death-Match-mäßig, dass sie aufeinander eindreschen und das ist eine Show, die keinerlei Mehrwert hat. Deswegen finde ich eine Auseinandersetzung, die wirklich als Diskussion stattfindet, kann eigentlich nicht in so einem Rahmen stattfinden, sondern die muss stattfinden. Also ich will jetzt nicht sagen, die muss an einer Bar stattfinden, weil ich würde auch nicht mit den Frauen unbedingt jetzt ein Bier trinken gehen wollen, aber ich glaube, dass jenseits von einem Publikum, von einer medialen Inszenierung wahrscheinlich dann doch ein größeres Verständnis füreinander da wäre und man tatsächlich vielleicht doch irgendwie eine Mitte finden könnte. Die man aber bei so einem Medienspektakel nicht findet, weil das nicht Teil dieser Erzählung ist. Weil das Patriarchat es immer geil findet, zwei Frauen aufeinander losgehen zu lassen. Teilweise auch stellvertretend fürs Patriarchat. Also wenn wir uns anschauen in den 70er Jahren, der dressierte Mann, wo ich auch sehr lang und breit drauf eingehe und dann später auch Svenja Flassböhler mit Die potente Frau. Das war so ein Wiederaufbereiten von eigentlich immer der gleichen Erzählung, dass wir Frauen uns absichtlich in einer Opferrolle halten, weil wir Interesse haben, uns als solche zu inszenieren, was natürlich irgendwie eine Absolution für alle Männer bedeutet. Weil eigentlich ist Gleichberechtigung schon längst erreicht. Also das ist jetzt wirklich sehr verkürzt, aber das ist quasi die Essenz dessen und sich das wahnsinnig befriedigend aus dem Mund einer Frau anhört, das legt sich dann wie so balsam auf die geschundene Männerseele, die das ja eigentlich schon die ganze Zeit gedacht hat. Aber das nochmal von einer Frau validiert zu kriegen, das erfüllt halt auch eine Funktion und deswegen wird es auch diese Frauen und diese Position, die wird es immer geben. Warte irgendwie nächstes Jahr und wahrscheinlich erscheint zeitgleich mit meinem Buch wieder auch ein Buch, was uns erzählt, dass der Feminismus vorüber ist, dass wir Frauen es zu weit getrieben haben. Wahrscheinlich werde ich dann auch eingeladen, mit dieser Person dann irgendwie zu sprechen. Ich glaube, dass es keinerlei Mehrwert hat.
Susi
00:47:58
Also ich glaube, die Wahrscheinlichkeit, dass bei Lanz nur eine einzige Frau sitzt und Heiner Lauterbach noch dabei ist, ist höher, als dass zwei Frauen eingeladen werden.
Rebekka
00:48:08
Ja, Heiner Lauterbach.
Susi
00:48:09
Also trau dich. Und ich habe gerade so überlegt, weil ich ja immer denke, wieder den Bogen zu schlagen, wie können wir eigentlich ins Gestalten kommen, wenn wir abhängig sind von einem männlich dominierten Kultur- und Medienbetrieb, die dann eben auch diese patriarchalen Erzählungen des Schlamm-Catchens immer wieder wiederholen. Das heißt, wir müssen eigentlich aus dieser kontroversen Polit-Talk rauskommen und reinkommen in eine tiefe Argumentation, Zeit auch sich auszutauschen mit Quellen und Belegen zu arbeiten und ganz anders überhaupt dieses Format zu denken. Und ich überlege jetzt, oder das würde ich mir irgendwie wünschen, dass sich eine Feministin, die mal bei Lanz sitzt, wenn dann wieder Harald Martenstein anfängt mit Patriarchat ist vorbei, einfach nur mal kurz durchzählt. Guck mal, ich bin die einzige Frau hier. Ihr wollt mir erzählen, dass Patriarchat ist tot. Mehr brauche ich jetzt hier nicht wissen. Also mal die Ebene zu wechseln, so wie in der Paartherapie von der Sachebene auf die Metaebene. Ich habe jetzt NDR Paartherapie geguckt. Ich bin jetzt voll im Metaebenen wechseln. Weißt du? Und einfach mal sagen, Mann, Landsalter, das ist voll das Kackformat hier. So funktioniert das nicht. Aber da bist du natürlich auch wieder Zirkuspony.
Rebekka
00:49:16
Ja, wobei, also es gibt ja durchaus, gerade das, was du beschrieben hast, ich bin super schlecht mit Namen. Das ist wirklich ein großes Problem. Maja Göppel?
Susi
00:49:25
Ja, spielst du auf den Talk bei Thaddeus an?
Rebekka
00:49:27
Ja, genau. Herr Thaddeus, noch einmal. Möchten wir das jetzt ernst nehmen mit der Umweltkrise oder möchten Sie das insgesamt in Frage stellen? Haben Sie den Eindruck, uns Wissenschaftlern macht das Spaß? Ihr ist es ja gelungen, dieses unsägliche Format einem absoluten Highlight zu verschaffen, indem sie, genau wie du beschrieben hast, die Metaebene aufgemacht hat und diese Narrative entlarvt hat. Hut ab dafür, ich habe da sehr viel Bewunderung. Ich kann das in einem Text. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das in so einer Diskussion, wo die Kamera auf mich gerichtet ist, ob ich dafür tatsächlich die richtige Person bin. Denn ich kann dir sagen, ich war vor ein paar Jahren im Kölner Treff eingeladen. Das ist diese Bettina Böttinger WDR Talk Format. Und dann war es aber so, dass alle Gästinnen sieben oder acht Minuten pro Person Redezeit haben und habe während der Sendung festgestellt, dass ich als letztes drankomme, was dazu führt, dass ich auch vorher überhaupt gar nicht in dieser Unterhaltung stattgefunden habe. Und dann kaum, nachdem ich vorgestellt wurde, Ingo Lenzen. Bekannt aus Lenzen und Partner, erst mal seine Pipi-Geschichte lang und breit erzählt hat, weil er dachte, das sei eine große Bereicherung für uns alle. Das habe ich nicht so gesehen. Das ging von meiner Redezeit ab und ich ihm dann auch erstmal quasi, weil er in seinen Ausführungen dann auch wiederum die Existenz des Patriarchats geleugnet habe, sodass ich mit absolut basischem Wissen versuche. Erst mal beschäftigt war, Ingo Lenzen zu erklären, dass er sich sehr wohl in einem Patriarchat befindet und dann überhaupt keine Zeit mehr übrig war und ich dann auch noch mit Dingen konfrontiert wurde, die angeblich in meinem Buch standen, nicht in meinem Buch standen. Und dann hätte ich in dem Moment diese Metaebene aufmachen müssen und aufstehen müssen und sagen, es tut mir leid, aber was passiert hier gerade?
Susi
00:51:27
Wenn ich mir jetzt vorstelle, du bist da in so einem Talk und du sagst dann erst mal, Also stopp Leute, ganz kurz mal, wir müssen mal hier auf eine Meta-Ebene kommen. Du bist ja sofort die Diva, das ist ja krass, also so einen Talk zu sprengen. Andererseits fand ich bei Maja Göppel, sie hat das so gut hingekriegt, also auch auf einer Sachebene tatsächlich, also so kompetent und sie war dabei nicht unangenehm, sie hat nicht geschrien oder so, sie hatte alle Karten in der Hand, ich muss das nochmal analysieren.
Rebekka
00:51:56
Ja, verlinke es in den Shownotes, weil es ist so eine Gratwanderung. Deswegen Hut ab an Maja Göpel. Aber ich bin da vielleicht nicht die Richtige für.
Susi
00:52:06
Ja, schade. Ich würde mir einfach wünschen, noch mehr davon zu sehen. So wie Frauen sich so einen Raum auch nehmen können, ohne dass wir sie als Bitch, Witch oder It-Girl stigmatisieren. Wie bist du eigentlich drauf mit dieser Bitchification, dass man jetzt immer sagt, Life's a Bitch, Lanz is a Bitch, Work-Life-Balance is a Bitch. Darf man das noch? Oder ist das auch internalisierte Mösegynie?
Rebekka
00:52:30
Letztens hat noch Tilreta auf Blue Sky gepostet, Hall of Orden, retire bitch. Und ich fand das gerade aus dem Mund eines weißen CIS-Manns an einen älteren weißen CIS-Mann, retire bitch. Nicht nur catchy, sondern er hat damit, glaube ich, auch wenn Hall of Orden so etwas sehen würde, weiß man auch, dass es ihn tangieren würde. Ja, also dass er sich darüber ärgern würde und deswegen hat das jede Daseinsberechtigung meiner Meinung nach. Also benutzt es, eignet es euch an als Selbstbezeichnung, wenn sich das gut anfühlt. Ey, have fun.
Susi
00:53:04
Also ja, das machen wir jetzt zum Schlusswort, liebe Leute. Ich stelle euch ein schönes Rebecca-Entler-Körbchen zusammen in den Shownotes. Verlinke auch nochmal meine Lieblingsfolgen von ihrem Podcast. Bitte besorgt euch dieses Buch. Es ist wirklich sehr erhellend und unterhaltsam. Vielleicht noch als kleine Verkaufsteaser. Mein Mann hatte dann mal ganz kurz reingelesen und sagte, ist ja ganz schön interessant. Ich habe jetzt schon zwei Kapitel gelesen. Ansonsten, wenn euch der Podcast gefällt, freue ich mich natürlich sehr, wenn ihr euren freund innen davon erzählt ihr wisst mundpropaganda ist extrem wirksam ich freue mich sehr über sternchen und kommentare in eurer podcast app und ihr könnt mich auch gerne mal auf insta besuchen bleibt unbequem ihr lieben
Music
00:53:51

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